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Wien (Heimreise)

Am letzten Tag, am Sonntag Morgen um 8:30 Uhr, hören wir Alberto De Campos Vortrag über SuperCollider in der Essel-Klasse. Diese Klasse befasst sich mit exerimenteller Composition und ist recht klein, ein sehr ausgewählter Kreis.
Alberto spricht zuerst über seine Definition von Kunst: Einerseits der Künstler als Genie, das Kunstwerk als Perfektion und fixiert. Andererseits Kunst als evolutionärer Prozess (im darwin’schen Sinne), generativ.

Wie erstaunt ich war (und froh) diese Definition zu hören! Genau das, wonach ich gesucht hatte, anders gesagt: vielleicht der Grund, warum ich mir die Aufgabe so gestellt habe (Darwin’sche Finken suchen). Wer nach darwinsche Evolution im Schaffen sucht, der wird es dort finden. Ist das etwa erstaunlich? Mich erstaunt es.
Ich kann also davon ausgehen, dass in meiner Suche ihr Ziel immanent ist. Wie sehr mich also auch die Ergebnisse in Staunen versetzen, wie wenig sie auch dem entsprechen, was ich erwartet hatte – am Ende zeigen sie mir das, was ich gesucht habe.

„… ein Brief (eine Letter) erreiche immer seinen (ihren) Bestimmungsort“
[Lacan„Das Seminar über E.A. Poes ‘Der entwendete Brief’“ 1973, in „Schriften I“, Olten-Freibureg , S. 41]

Oder anders gesagt:

„Wozu das Suchen? Seit jeher ist der Ochse niemals vermisst worden.“
[„Der Ochse und sein Hirte“, aus: „Zen-Worte am Wolkentor-Berg. Darlegungen und Gepräche desZen-Meisters YunmenWenyan“, übersetzt und herausgegeben von Urs App, Bern 1994, S.13]

Am Abend stehe ich zwei Stunden in Wien Hütteldorf, mit einem Rucksack, einem Nähkästchen und einem Fernseher. In Wien ist man immer gerade um die Ecke, soviel hab ich zwar mittlerweile gelernt. Trotzdem bin ich viel zu früh auf den Zug los. Es friert und ich friere.
Das ist also eine ideale Situation, sich selbst und den Boden auf dem man steht in Zweifel zu ziehen. Als hätte ich Kontrastmittel in meine Wahrnehmung geschüttet. Sobald ich etwas setze, setze ich auch sein Gegenteil. Ich setze Vertrauen in mich. Und frage mich, in was ich da vertraue. Ich erkenne, was ich tue und ich sehe, was es alles nicht ist. Während mir immer klarer wird, wie ich meine Arbeit verstehe (prozesshaft und seine eigenen Bedingungen schaffend), türmen sich gleichzeitig hinter mir die passenden Zweifel. Mir war das nie so klar, aber ich habe an Erfolg geglaubt. An Sicherheit. Kein Eigenheim. Aber ein Ziel, bei dem man ankommt, wo man etwas ist. Dabei ist sein ganz anders.

Später mache ich ein Video an der Fensterscheibe, an der die Spuren von dreckigem Regen in Fahrtrichtung getrocknet sind. Ich fahre sie nach und erwarte, dass der Zug anfährt. Wie wird sich das in Bewegung setzen des Zuges auf meine Bewegung ausüben? Wie meine diagonale Berwegung des Bildes zur horizontalen Bewegung der Welt? Ich kann so ein Ergebnis abschätzen und beeinflussen. Überblicken kann ich es nicht. Dann fährt mein Blick neben der Kamera über mein Spiegelbild. Ich erkenne mich nicht wieder, ganz aufrecht. Später bin ich erstaunt: mein Anblick hat mich nicht aus der Konzentration gebracht (erschüttert). Das ist neu.

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